Elisa Roberts - Teil 2 - Der Graf

 

 

Auf dem Weg durch die langen unterirdischen Gänge redeten wir nicht - so wie immer, es schien so still zu sein, dass nicht nur unsere Schritte, sondern auch mein Atem von den Wänden widerhallte. Unregelmäßig und stoßweise, denn ich war aufgeregt – was würde mich heute erwarten.

Das Labyrinth aus schmalen Fluren war noch immer unheimlich, ich durchquerte es schon viele Male, aber bei dem Gedanken daran alleine zu sein und mich zu verlaufen schnürte sich mir die Kehle zu.

Die Breite Flügeltür kam in Sicht und dahinter hörte ich gedämpfte Stimmen, welche nicht einer Meinung waren. Doch mir blieb keine Zeit länger darüber nachzudenken, denn schon stand ich vor der Tür, glättete meine Kleidung, richtete mein Haar, straffte die Schultern und hob meinen Kopf erhaben. Mein Begleiter blickte währenddessen auf mich hinab, die Brauen hochgezogen, wartend dass ich bereit war und öffnete schließlich die Tür.

Ich schritt elegant in den Raum und hörte wie die Stimmen verklangen. Vor mir erbot sich ein Meer aus gedämpften Lichtern und Schatten. Wie immer dauerte es seine Zeit bis sich meine Augen an das spärliche Licht gewöhnten und ich die wahre Pracht der Innenausstattung sah. Bilder mit Vergoldeten Rahmen säumten die Wände, sie erzählten die Geschichte der wohlhabenden Familie. An den verbliebenen kahlen Stellen hingen Seidenvorhänge in den unterschiedlichsten Farben. Sessel und Sofas aus Samt mit kunstvoll bestickten Kissen standen überall. Stellen. Ein dicker Teppich, in welchen Goldfäden eingewebt waren, bedeckte den ganzen Boden. Und Tische aus schwerem Holz rundeten das Bild ab. Mittig an der hinteren Wand stand ein Thron, dessen Lehnen ebenfalls mit Gold überzogen waren und die Polster mit Samt und Seide bestückte.

Darauf saß er – er nannte sich selbst der Graf.

Ich ging geradewegs auf ihn zu, ohne meinen Blick schweifen zu lassen, denn diese Umgebung beeindruckte mich schon lange nicht mehr, dafür war sie einfach zu vertraut. „Elisa meine Liebe“, rief er begeistert und wedelte mit der Hand. „Ich dachte schon sie hätten dich erwischt“, bei diesen Worten huschte ehrliche Besorgnis über seinen Blick. „Ich bin viel zu gewitzt als das sie das könnten “, antwortete ich in einem leichten Knicks. Ein Lachen entfuhr seiner Kehle und begeistert klatschte er in die Hände. „Du besitzt den Schneid einer ganzen Generation“, dabei klopfte er mit den Fingern auf die Lehne seines Thorns. Erwartend sah er mir in die Augen und sein Blick bohrte sich tief in mein Inneres. Mit einer angedeuteten Verbeugung, um diesem Blick zu entfliehen, erwiderte ich untergeben: „Selbstverständlich Meister.“ Zufrieden ließ er sich in seine Kissen sinken warf den Kopf in den Nacken und Pfiff in die Luft, manchmal fragte ich mich wie ein Mann wie er so viel gute Laune haben kann.

Dann sah er mir erneut  direkt in die Augen. „Erzähl mir von oben, wie sieht es dort aus?“ „Keine Veränderungen bis her, der Krieg ist vorbei, die Regierung stellt sich neu auf, es wird alles wieder aufgebaut. Niemand von den wichtigen Leuten weiß was er will, aber alle wollen etwas anderes.“ „Und die Ungläubigen?“, das letzte Wort brachte er voller Spott über die Lippen. „Die sind genauso ahnungslos wie zuvor.“ „Was denken sie über dich?“, fragt er weiter mit prüfendem Blick. „Sie glauben ich bin eine Hexe“, erwiderte ich trocken. Er prustete lautstark und konnte sich nur unter Mühen wieder beruhigen: „Und was denken sie über mich?“ Bedacht legte ich mir die Worte zurecht und sprach sie aus als sei es eine Nebensächlichkeit: „Sie glauben Ihr seid ein Vampir.“ Er prustete wieder, bis ihm die Tränen kamen, dann blickte er sich um und rief: „Ein Vampir, wie fantastisch!“ Er schnippt euphorisch mit den Fingern: „Eine Hexe und ein Vampir!“ Dabei war er nicht im Geringsten untot.

 


Elisa Roberts - Teil 1 - Die Gasse

 

Wissend, dass ich unter Beobachtung stand schlenderte ich so entspannt wie möglich die Straße entlang. Mein Körper bereitete sich auf das vor was gleich geschehen würde und dennoch schlug mein Herz bis zum Hals. Ich versuchte mich nicht getrieben umzusehen, aber es fiel mir schwer. Eine falsche Bewegung und meine Tarnung würde auffliegen. Und dann war es soweit – Von Westen aus hörte ich die Meute, wie eine Elefantenherde – sie kamen immer näher, der Boden unter meinen Füßen bebte. Ich zog mein Tempo an und langsam vergrößerte sich mein Abstand zu ihnen wieder.

Ich rannte aber immer noch nichts von der Gasse zu sehen. Meine Beine zitterten, es fühlte sich an als würden sie jeden Moment unter mir nachgeben. Meine Lunge brannte und es fiel mir immer schwerer in regelmäßigen Abständen einzuatmen. Trotzdem beschleunigte ich meine Schritte nochmals und setzte zum Endspurt an.

Die Gasse kam in Sicht und ich musste dort sein bevor sie mich sahen. In meinem Rücken hörte ich Rufe: „Da ist sie!“, „Lasst sie nicht entkommen!“, „Diesmal, diesmal kriegen wir dich!“, die Stimmen dazu waren grauenhaft verzerrt und die Worte von Abscheu durchzogen. Zu meinem Glück war die Straße recht belebt und so konnte ich mich unter die Menschen mischen, damit es schwieriger wurde mich zu entdecken. Da war sie endlich – die Gasse, ich bog ab und presste mich flach an die Wand, die andere nur 50 Zentimeter vor mir. Die Meute aus Jugendlichen rannte kurz darauf laut fluchend vorbei. Ich atmete die angehaltene Luft langsam aus, sog neue ein und bewegte mich Richtung Tür, welche durch ein Graffiti gut getarnt war.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Marie (Dienstag, 02 Mai 2017 07:47)

    Wow, du schreibst echt gut� hat diese Geschichte irgendwie etwas mit deinem Buch zu tun?�